4.1.4 Regeln für Schaltungen

Wenn man es mit einer sehr komplizierten Quantenschaltung zu tun hat, hilft es, einige Tricks zur Vereinfachung der Dinge auf Lager zu haben. Solche Tricks erleichtern nicht nur das Verständnis der Schaltung, sondern machen sie auch effizienter und damit schneller für die Ausführung auf einem Quantencomputer. Schauen wir uns ein paar einfache Beispiele für solche Tricks an, die nur ein einziges Qubit betreffen.

Aus Abschnitt 2.4.3 wissen wir, dass jede Ein-Qubit-Operation entweder eine Drehung oder eine Spiegelung ist. Visuell können wir diese Operationen darstellen, wenn wir uns an Abschnitt 2.1.2 erinnern, wo wir gesehen haben, dass Quantenzustände den Einheitskreis bilden. Eine Beobachtung ist, dass das zweifache Anwenden einer bestimmten Spiegelung auf das gleiche Qubit den Zustand unverändert lässt. Dies ist in der Tat visuell klar, da eine doppelte Spiegelung um dieselbe Achse alles wiederherstellt, wie es war (dies kann man zum Beispiel in Abb. 2.4 für die Operation NOT\mathrm{NOT} sehen). Dies gilt insbesondere für die Hadamard-Operation HH, von der wir aufgrund von Gl. 2.35 wissen, dass sie eine Spiegelung ist. Wir wollen diese geometrische Intuition durch eine kleine Berechnung verifizieren und auch zeigen, dass das Hadamard-Gatter eine Umwandlung zwischen den NOT\mathrm{NOT}- und ZZ-Gattern ermöglicht.

Übungsaufgabe 4.5 (Z und NOT).

Aus Gl. 2.34 wissen wir, dass das Hadamard-Gate HH sich wie folgt auswirkt:

H|0=12(|0+|1)=|+,H|1=12(|0|1)=|.H\left|0\right\rangle=\frac{1}{\sqrt{2}}(\left|0\right\rangle+\left|1\right% \rangle)=\left|+\right\rangle,\qquad H\left|1\right\rangle=\frac{1}{\sqrt{2}}(% \left|0\right\rangle-\left|1\right\rangle)=\left|-\right\rangle.
  1. 1.

    Prüfe, dass ein erneutes anwenden von HH wieder zu den Zuständen |0\left|0\right\rangle und |1\left|1\right\rangle führt.

    H|+=|0,H|=|1.H\left|+\right\rangle=\left|0\right\rangle,\qquad H\left|-\right\rangle=\left|% 1\right\rangle.
  2. 2.

    Zeige, dass HZH=NOTH\,Z\,H=\mathrm{NOT}, wobei ZZ in Gl. 2.26 definiert ist.

  3. 3.

    Zeige, dass HNOTH=ZH\,\mathrm{NOT}\,H=Z.

Lösung.
  1. 1.
    H|+\displaystyle H\left|+\right\rangle =H12(|0+|1)=12((|0+|1)+(|0|1))=|0,\displaystyle=H\frac{1}{\sqrt{2}}(\left|0\right\rangle+\left|1\right\rangle)=% \frac{1}{2}\big{\lparen}(\left|0\right\rangle+\left|1\right\rangle)+(\left|0% \right\rangle-\left|1\right\rangle)\big{\rparen}=\left|0\right\rangle,
    H|\displaystyle H\left|-\right\rangle =H12(|0|1)=12((|0+|1)(|0|1))=|1.\displaystyle=H\frac{1}{\sqrt{2}}(\left|0\right\rangle-\left|1\right\rangle)=% \frac{1}{2}\big{\lparen}(\left|0\right\rangle+\left|1\right\rangle)-(\left|0% \right\rangle-\left|1\right\rangle)\big{\rparen}=\left|1\right\rangle.
  2. 2.

    Um diese Identität zu zeigen, müssen wir nur prüfen, ob HZHHZH sich auf den Basiszuständen genauso wie NOT\mathrm{NOT} verhält (durch Linearität würde das bedeuten, dass sie sich auf allen Quantenzuständen gleich verhalten):

    HZH|0\displaystyle HZH\left|0\right\rangle =HZ12(|0+|1)=H12(|0|1)=H|=|1,\displaystyle=HZ\frac{1}{\sqrt{2}}(\left|0\right\rangle+\left|1\right\rangle)=% H\frac{1}{\sqrt{2}}(\left|0\right\rangle-\left|1\right\rangle)=H\left|-\right% \rangle=\left|1\right\rangle,
    HZH|1\displaystyle HZH\left|1\right\rangle =HZ12(|0|1)=H12(|0+|1)=H|+=|0.\displaystyle=HZ\frac{1}{\sqrt{2}}(\left|0\right\rangle-\left|1\right\rangle)=% H\frac{1}{\sqrt{2}}(\left|0\right\rangle+\left|1\right\rangle)=H\left|+\right% \rangle=\left|0\right\rangle.

    In beiden Fällen invertiert HZHHZH das Bit, also ist es die selbe Operation wie NOT\mathrm{NOT}.

  3. 3.

    Der erste Aufgabenteil zeigt, dass eine zweifache Anwendung des Hadamard-Gatters nichts ändert: HH=IHH=I. Also gilt,

    Z=(HH)Z(HH)=H(HZH)H=HNOTH\displaystyle Z=(HH)Z(HH)=H(HZH)H=H\ \mathrm{NOT}\ H

    wobei wir im letzten Schritt das Ergebnis aus Aufgabe 2 verwendet haben.

Auch interessant ist die Frage, was passiert, wenn man zwei beliebige Drehungen oder Spiegelungen nacheinander anwendet. Klar ist, dass es wieder eine Drehung oder Spiegelung sein muss. Aber was von beiden, und mit welchem Winkel? Zwei aufeinanderfolgende Drehungen entsprechen einfach einer Drehung um die Summe der beiden Winkel, also U(φ2)U(φ1)=U(φ1+φ2)U(\varphi_{2})U(\varphi_{1})=U(\varphi_{1}+\varphi_{2}). Die folgendene Übung gibt dir eine Regel zur Vereinfachung zwei aufeinanderfolgende Spiegelungen zu einer einzelnen Drehung.

Übungsaufgabe 4.6 (Spiegelungen und Drehungen (optional)).

Zeige, dass das Produkt zweier Spiegelungen eine Rotation ist. Zeige also, dass

V(θ2)V(θ1)=U(θ),V(\theta_{2})V(\theta_{1})=U(\theta),

für einen Winkel θ\theta. Kannst du θ\theta relativ zu θ1\theta_{1} und θ2\theta_{2} bestimmen?
Hint: Nutze Gl. 2.33 und die Gleichung U(φ2)U(φ1)=U(φ1+φ2)U(\varphi_{2})U(\varphi_{1})=U(\varphi_{1}+\varphi_{2}).

Lösung.
  1. 1.

    Aus Gl. 2.29 folgt

    U(θ2)U(θ1)|ψ(α)=U(θ2)|ψ(α+θ1)=|ψ(α+θ1+θ2)=U(θ1+θ2)|ψ(α).U(\theta_{2})U(\theta_{1})\left|\psi(\alpha)\right\rangle=U(\theta_{2})\left|% \psi(\alpha+\theta_{1})\right\rangle=\left|\psi(\alpha+\theta_{1}+\theta_{2})% \right\rangle=U(\theta_{1}+\theta_{2})\left|\psi(\alpha)\right\rangle.

    Das gilt für jeden Quantenzustand |ψ(α)\left|\psi(\alpha)\right\rangle, woraus folgt, dass U(θ2)U(θ1)=U(θ)U(\theta_{2})U(\theta_{1})=U(\theta) wobei θ=θ1+θ2\theta=\theta_{1}+\theta_{2}. Auch geometrisch ist das logisch: Wenn man zuerst um den Winkel θ1\theta_{1} und anschließend um den Winkel θ2\theta_{2} rotiert, ergibt das insgesamt eine Rotation um den Winkel θ=θ1+θ2\theta=\theta_{1}+\theta_{2}.

  2. 2.

    Ein eleganter Beweis könnte so aussehen. Aus Gl. 2.33 wissen wir, dass wir eine allgemeine Spiegelung auf zwei unterschiedliche Weisen ausdrücken können:V(θ)=NOTU(θ)=U(θ)NOTV(\theta)=\mathrm{NOT}\,U(\theta)=U(-\theta)\,\mathrm{NOT}. Wenn man für V(θ1)V(\theta_{1}) die erste und für V(θ2)V(\theta_{2}) die zweite Form nimmt, erhält man

    V(θ2)V(θ1)=U(θ2)NOTNOTU(θ1)=U(θ2)U(θ1)=U(θ1θ2),V(\theta_{2})V(\theta_{1})=U(-\theta_{2})\,\mathrm{NOT}\,\mathrm{NOT}\,U(% \theta_{1})=U(-\theta_{2})U(\theta_{1})=U(\theta_{1}-\theta_{2}),

    wobei wir ausgenutzt haben, dass sich zwei aufeinanderfolgende NOT\mathrm{NOT}-Operationen aufheben und zwei aufeinanderfolgende Drehungen einer einzelnen um die Summe der Winkel entspricht, wie wir oben gezeigt haben.

Die zwei übrigen Fälle, die eine Drehung und eine Spiegelung beinhalten kannst du selbst ausrechnen und prüfen, dass beide zu einer Spiegelung V(θV(\theta) für einen bestimmten Winkel θ\theta führen.