3.1.8 Korrelierte Verteilungen

Manche Zwei-Bit-Verteilungen sind nicht Produktzustände – sie können nicht wie in Gl. 3.22 oder Gl. 3.24 geschrieben werden, egal welche Werte du für qaq_{a} und rbr_{b} wählst. Wir werden eine Verteilung korreliert nennen, wenn sie keine Produktverteilung ist. Ein Beispiel einer korrelierten Verteilung ist

12[00]+12[11].\displaystyle\frac{1}{2}[00]+\frac{1}{2}[11]. (3.28)

Wir können zeigen, dass dieser Zustand kein Produktzustand ist, indem wir annehmen, wir haben eines der beiden Bits gemessen. Das Ergebnis aa dieser Messung ist komplett zufällig, also entweder 0 oder 11 mit jeweils 50%50\%. Aber sobald wir aa kennen, ist der Zustand des anderen Bits deterministisch – es zu messen würde mit 100%100\% das gleiche Ergebnis liefern. Also ist der Zustand des Bits b=ab=a, hängt also vom Messergebnis aa des gemessenen Bits abhängig. In 3.5 haben wir gesehen, dass das bei Produktzuständen nicht passieren kann. Damit haben wir bewiesen, dass Gl. 3.28 einen korrelierten Zustand beschreibt. Tatsächlich sind die beiden Bits sogar perfekt korreliert, da die Messergebnisse zwar zufällig, aber immer identisch sind (a=ba=b). Aufgrund dieser Eigenschaft nennen wir Gl. 3.28 ein Paar perfekt korrelierter Zufallsbits.

Korrelierte Verteilungen entstehen auf natürliche Weise durch eine Art von Interaktion. Nimm zum Beispiel an, du wirfst eine Münze und schreibst das Ergebnis auf einen Zettel, den du in einem Briefumschlag verschließt und einer anderen Person gibst. Aus der Sicht der anderen Person (die zwar deine Vorgehensweise, nicht aber das Ergebnis des Münzwurfs kennt) lässt sich der Zustand deiner Münze (Bit 1) und des Papiers im Umschlag (Bit 2) durch

12
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+12
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\frac{1}{2}\vbox{\hbox{\includegraphics[width=30.0pt]{figs/0.png}}}\otimes% \vbox{\hbox{\includegraphics[width=30.0pt]{figs/envelope-heads-de.pdf}}}+\frac% {1}{2}\vbox{\hbox{\includegraphics[width=30.0pt]{figs/1.png}}}\otimes\vbox{% \hbox{\includegraphics[width=30.0pt]{figs/envelope-tails-de.pdf}}}

beschreiben, was nichts anderes als eine unterhaltsame Schreibweise des Zustands in Gl. 3.28 ist.

Wie können wir also in Quirky korrelierte Zustände herstellen? Lokale Operationen alleine reichen nicht aus, da diese nur zu Produktzuständen führen. Wir können aber die kontrollierte-NOT-Operation nutzen, um die zwei Bits im folgenden Schaltkreis interagieren zu lassen:

[Uncaptioned image]

Warum funktioniert das?

Übungsaufgabe 3.6 ( Perfekt korrelierte Zufallsbits generieren ).

Erkläre, warum die obige Berechnung in Quirky den Zustand 12[00]+12[11]\frac{1}{2}[00]+\frac{1}{2}[11] generiert.

Lösung. Der Zustand vor der kontrollierten NOT-Operation ist
(12[0]+12[1])[0]=12[00]+12[10].\displaystyle\left(\frac{1}{2}[0]+\frac{1}{2}[1]\right)\otimes[0]=\frac{1}{2}[% 00]+\frac{1}{2}[10].
Nachdem wir die kontrollierte NOT-Operation angewendet haben, erhalten wir
CNOT12(12[00]+12[10])=12[00]+12[11].\displaystyle\mathrm{CNOT}_{1\to 2}\left(\frac{1}{2}[00]+\frac{1}{2}[10]\right% )=\frac{1}{2}[00]+\frac{1}{2}[11].

Wenn du prüfen willst, ob eine beliebige Zwei-Bit-Verteilung

p=p00[00]+p01[01]+p10[10]+p11[11]p=p_{00}[00]+p_{01}[01]+p_{10}[10]+p_{11}[11]

einem Produkt- oder korreliertem Zustand entspricht, kannst du einfach das folgende Maß berechnen:

Δ(p)=p00p11p01p10.\Delta(p)=p_{00}p_{11}-p_{01}p_{10}. (3.29)

Wenn Δ(p)=0\Delta(p)=0, dann ist pp ein Produktzustand; anderenfalls ist es eine korrelierte Verteilung. Zum Beispiel gilt für den Zustand aus Gl. 3.28:

Δ(12[00]+12[11])=121200=140,\displaystyle\Delta\left\lparen\frac{1}{2}[00]+\frac{1}{2}[11]\right\rparen=% \frac{1}{2}\cdot\frac{1}{2}-0\cdot 0=\frac{1}{4}\neq 0,

was bestätigt, dass dieser Zustand tatsächlich korreliert ist und keine Produktverteilung. Wenn du jetzt neugierig bist und wissen willst, wieso diese Bedingung korrekt ist, findest du die Erklärung unterhalb. Da sie aber nicht unbedingt erforderlich für das Verständnis ist, kannst du sie auch überspringen.

Wir können den Beweis, dass Δ(p)=0\Delta(p)=0 genau dann, wenn pp ein Produktzustand ist, in zwei Schritte unterteilen. Zunächst zeigen wir, dass wenn pp ein Produktzustand ist, Δ(p)=0\Delta(p)=0 gelten muss. Wenn p=qrp=q\otimes r ist, gilt tatsächlich

Δ(p)=q0r0q1r1q0r1q1r0=0.\Delta(p)=q_{0}r_{0}q_{1}r_{1}-q_{0}r_{1}q_{1}r_{0}=0.

Aber was ist mit der Umkehrung – könnte Δ(p)=0\Delta(p)=0 sein, auch wenn pp kein Produktzustand ist? Nein, das ist nicht möglich! Um das zu zeigen, nehmen wir zunächst an, dass Δ(p)=0\Delta(p)=0 ist und zeigen, dass dadurch p=qrp=q\otimes r, wobei q,rq,r probabilistische Bits sind. Wir wählen die Bits wie folgt:

q=q0[0]+q1[1]\displaystyle q=q_{0}[0]+q_{1}[1] =(p00+p01)[0]+(p10+p11)[1],\displaystyle=(p_{00}+p_{01})[0]+(p_{10}+p_{11})[1], (3.30)
r=r0[0]+r1[1]\displaystyle r=r_{0}[0]+r_{1}[1] =(p00+p10)[0]+(p01+p11)[1].\displaystyle=(p_{00}+p_{10})[0]+(p_{01}+p_{11})[1].

Aus Abb. 3.3 geht hervor, dass qq und rr einfach die Verteilung der Messergebnisse sind, wenn wir jeweils das erste oder zweite Bit messen. Nun können wir überprüfen, dass unsere Wahl von qq und rr tatsächlich den Zustand pp produziert:

qr\displaystyle q\otimes r =((p00+p01)[0]+(p10+p11)[1])((p00+p10)[0]+(p01+p11)[1])\displaystyle=\bigl{(}(p_{00}+p_{01})[0]+(p_{10}+p_{11})[1]\bigr{)}\otimes% \bigl{(}(p_{00}+p_{10})[0]+(p_{01}+p_{11})[1]\bigr{)}
=(p00+p01)(p00+p10)[00]+\displaystyle=(p_{00}+p_{01})(p_{00}+p_{10})[00]+\dotsb
=(p00p00+p00p10+p01p00+𝒑𝟎𝟏𝒑𝟏𝟎)[00]+\displaystyle=(p_{00}p_{00}+p_{00}p_{10}+p_{01}p_{00}+\boldsymbol{p_{01}p_{10}% })[00]+\dotsb
=(p00p00+p00p10+p01p00+𝒑𝟎𝟎𝒑𝟏𝟏)[00]+\displaystyle=(p_{00}p_{00}+p_{00}p_{10}+p_{01}p_{00}+\boldsymbol{p_{00}p_{11}% })[00]+\dotsb
=p00(p00+p10+p01+p11)[00]+\displaystyle=p_{00}(p_{00}+p_{10}+p_{01}+p_{11})[00]+\dotsb
=p00[00]+\displaystyle=p_{00}[00]+\dotsb
=p.\displaystyle=p.

Hier haben wir zunächst Gl. 3.26 verwendet, dann ausmultipliziert, anschließend ausgenutzt, dass Δ(p)=0\Delta(p)=0 gilt und somit 𝒑𝟎𝟏𝒑𝟏𝟎\boldsymbol{p_{01}p_{10}} durch 𝒑𝟎𝟎𝒑𝟏𝟏\boldsymbol{p_{00}p_{11}} ersetzt werden kann (siehe Gl. 3.29). Und zum Schluss haben wir p00+p01+p10+p11=1p_{00}+p_{01}+p_{10}+p_{11}=1 zusammengefasst, da pp eine Wahrscheinlichkeitsverteilung sein muss. Die drei als “…” abgekürzten Terme können analog behandelt werden. Kannst du die Lücken selbst füllen und einen der Terme alleine verifizieren?


Wir haben bereits in 3.5 gesehen, dass pp kein Produktzustand sein kann, wenn die Messung des ersten Bits den Zustand des zweiten Bits “stört”. Tatsächlich gilt auch die Umkehrung dieser Aussage, wie du in der folgenden Hausaufgabe beweisen kannst.

Hausaufgabe 3.4 (Unabhängigkeit impliziert Produkt (optional)).

Nimm an, dass pp sich in einer beliebigen Zwei-Bit-Verteilung befindet, sodass der Zustand des zweiten Bits unabhängig vom Messergebnis des ersten Bit ist. Zeige, dass ein solches pp eine Produktverteilung ist. Das schaffst du in zwei Schritten:

  1. 1.

    Das Messergebnis des ersten Bits kann entweder 0 oder 11 sein. Mit Abb. 3.3 kannst du die verbleibenden Zustände des zweiten Bits in beiden Fällen vergleichen und die folgenden Identitäten zeigen:

    p00p00+p01=p10p10+p11,p01p00+p01=p11p10+p11.\frac{p_{00}}{p_{00}+p_{01}}=\frac{p_{10}}{p_{10}+p_{11}},\qquad\frac{p_{01}}{% p_{00}+p_{01}}=\frac{p_{11}}{p_{10}+p_{11}}.
  2. 2.

    Nutze diese Gleichungen sowie Gl. 3.29, um zu zeigen, dass Δ(p)=0\Delta(p)=0

Hack.

For simplicity, suppose first that measuring the first bit always leads to the same outcome aa. In this case, the state is necessarily of the form

p=pa0[a0]+pa1[a1]=[a](pa0[0]+pa1[1]),\displaystyle p=p_{a0}[a0]+p_{a1}[a1]=[a]\otimes(p_{a0}[0]+p_{a1}[1]),

so it is certainly a product state.

Next, suppose that both outcomes a=0a=0 and a=1a=1 appear with some nonzero probability. According to Abb. 3.3, this means that

p00[0]+p01[1]p00+p01=p10[0]+p11[1]p10+p11,\displaystyle\frac{p_{00}[0]+p_{01}[1]}{p_{00}+p_{01}}=\frac{p_{10}[0]+p_{11}[% 1]}{p_{10}+p_{11}},

since we assumed that the state of the second bit is independent of the measurement outcome. Let us abbreviate this state by rr and define

q=(p00+p01)[0]+(p10+p11)[1]q=(p_{00}+p_{01})[0]+(p_{10}+p_{11})[1]

the same way as in Gl. 3.30. Then,

qr\displaystyle q\otimes r =(p00+p01)[0]r+(p10+p11)[1]r\displaystyle=(p_{00}+p_{01})[0]\otimes r+(p_{10}+p_{11})[1]\otimes r
=(p00+p01)[0]p00[0]+p01[1]p00+p01+(p10+p11)[1]p10[0]+p11[1]p10+p11\displaystyle=(p_{00}+p_{01})[0]\otimes\frac{p_{00}[0]+p_{01}[1]}{p_{00}+p_{01% }}+(p_{10}+p_{11})[1]\otimes\frac{p_{10}[0]+p_{11}[1]}{p_{10}+p_{11}}
=[0](p00[0]+p01[1])+[1](p10[0]+p11[1])\displaystyle=[0]\otimes\bigl{(}p_{00}[0]+p_{01}[1]\bigr{)}+[1]\otimes\bigl{(}% p_{10}[0]+p_{11}[1]\bigr{)}
=p,\displaystyle=p,

implying that pp is a product state.