2.4.2 Zusammensetzen von Quanten-Operationen

Um eine neue Quanten-Operation zu erhalten, können wir zwei vorhandene Operationen MM und NN einfach zusammensetzen. Angenommen, der ursprüngliche Zustand ist |ψ\left|\psi\right\rangle, dann erhält man durch Anwenden von MM einfach M(|ψ)=M|ψM(\left|\psi\right\rangle)=M\left|\psi\right\rangle. Danach NN anzuwenden resultiert dann im Zustand N(M|ψ)N(M\left|\psi\right\rangle). Wir benennen diese zusammengesetzte (engl. composite) Operation NMNM, sodass

NM|ψ=N(M|ψ).\displaystyle NM\left|\psi\right\rangle=N(M\left|\psi\right\rangle).

Achte darauf, dass du nicht die Reihenfolge der Operationen vertauscht. Wenn die zusammengesetzte Operation NMNM ist, wird zunächst MM und danach NN angewandt! Das liegt daran, dass MM direkt neben dem |ψ\left|\psi\right\rangle steht, sich also zuerst auf den Zustand auswirken muss.

Übungsaufgabe 2.4 (Linearität einer zusammengesetzten Operation (optional)).

Zeige dass NMNM auch linear ist.

Hinweis: Nutze Gl. 2.20.

Lösung. Nimm einen beliebigen Zustand ψ0|0+ψ1|1\psi_{0}\left|0\right\rangle+\psi_{1}\left|1\right\rangle, nutze zunächst Linearität von MM und anschließend die Linearität von NN:
NM(ψ0|0+ψ1|1)\displaystyle NM(\psi_{0}\left|0\right\rangle+\psi_{1}\left|1\right\rangle) =N(M(ψ0|0+ψ1|1))\displaystyle=N\big{\lparen}M(\psi_{0}\left|0\right\rangle+\psi_{1}\left|1% \right\rangle)\big{\rparen}
=N(ψ0M|0+ψ1M|1)=ψ0NM|0+ψ1NM|1.\displaystyle=N\big{\lparen}\psi_{0}M\left|0\right\rangle+\psi_{1}M\left|1% \right\rangle\big{\rparen}=\psi_{0}NM\left|0\right\rangle+\psi_{1}NM\left|1% \right\rangle.
Im letzten Schritt haben wir Gl. 2.20 genutzt.

Genauso können wir auch drei oder mehr Qubit-Operationen zusammensetzen. Dann schreiben wir ONMONM und so weiter. Zum Beispiel kann man neue Operationen durch das Zusammensetzen von Rotationen und Spiegelungen bilden, darüber sprechen wir später in Abschnitt 2.4.3.

Eine interessante Bemerkung ist, dass alle bisherigen Qubit-Operationen invertierbar sind. Das bedeutet, dass für jede Operation MM eine andere Operation, die wir M1M^{-1} nennen, sodass zuerst MM und danach M1M^{-1} anwenden, oder umgekehrt, den Zustand nicht verändert. 1111 11 Diese Notation und Gl. 2.31 erinnert dich vielleicht an folgendes: Ist xx eine Zahl größer 0, dann ist x1=1xx^{-1}=\frac{1}{x} deren Inverses, also gilt xx1=x1x=1xx^{-1}=x^{-1}x=1. In Formeln können wir schreiben

M1M=MM1=I,\displaystyle M^{-1}M=MM^{-1}=I, (2.31)

wobei II der Identität entspricht, die die “triviale” Eigenschaft

I|0=|0,I|1=|1I\left|0\right\rangle=\left|0\right\rangle,\qquad I\left|1\right\rangle=\left|% 1\right\rangle (2.32)

erfüllt. (Wir hätten II auch als U(0)U(0) definieren können, der Rotation um 00^{\circ}.) Also gilt I|ψ=|ψI\left|\psi\right\rangle=\left|\psi\right\rangle für die durch Linearität erweiterte Operation.

Als Beispiel können wir uns das Inverse der Operation UU anschauen. Geometrisch ergibt es Sinn, dass erst um β\beta und anschließend um β-\beta rotieren den Zustand unverändert lässt. Um das formal zu zeigen, müssen wir nur zweimal Gl. 2.29 anwenden:

U(β)U(β)|ψ(α)=U(β)|ψ(α+β)=|ψ(α+ββ)=|ψ(α)\displaystyle U(-\beta)U(\beta)\left|\psi(\alpha)\right\rangle=U(-\beta)\left|% \psi(\alpha+\beta)\right\rangle=\left|\psi(\alpha+\beta-\beta)\right\rangle=% \left|\psi(\alpha)\right\rangle

und genauso wenn wir zuerst um β-\beta und anschließend um β\beta rotieren. Das bedeutet, dass die inverse Operation von U(β)U(\beta) einfach U(β)U(-\beta) ist:

U(β)1=U(β).U(\beta)^{{-1}}=U(-\beta).

Da die NOT\mathrm{NOT}-Operation einer Spiegelung entspricht, ist es klar, dass ein Zustand nach zweimaligen anwenden unverändert ist. Aus Gl. 1.17 folgt tatsächlich

NOTNOT|0=NOT|1=|0undNOTNOT|1=NOT|0=|1.\displaystyle\mathrm{NOT}\,\mathrm{NOT}\left|0\right\rangle=\mathrm{NOT}\left|% 1\right\rangle=\left|0\right\rangle\quad\text{und}\quad\mathrm{NOT}\,\mathrm{% NOT}\left|1\right\rangle=\mathrm{NOT}\left|0\right\rangle=\left|1\right\rangle.

Aus Linearität folgt, dass NOTNOT|ψ=|ψ\mathrm{NOT}\,\mathrm{NOT}\left|\psi\right\rangle=\left|\psi\right\rangle für jeden Zustand |ψ\left|\psi\right\rangle gilt, also ist NOT\mathrm{NOT} nicht nur invertierbar, sondern sogar selbstinvers, also NOT1=NOT\mathrm{NOT}^{-1}=\mathrm{NOT}.

Übungsaufgabe 2.5 (Das Inverse einer zusammengesetzten Operation).

Zeige dass NMNM invertierbar ist, wenn MM und NN invertierbar sind. Beschreibe das Inverse der zusammengesetzten Operation (NM)1(NM)^{-1} durch die einzelnen Inverse N1N^{{-1}} und M1M^{{-1}}.

Lösung. Es gilt (NM)1=M1N1(NM)^{-1}=M^{-1}N^{-1}, da für jedes |ψ\left|\psi\right\rangle gilt
M1N1NM|ψ=M1(N1N(M|ψ))=M1(M|ψ)=M1M|ψ=|ψM^{-1}N^{-1}NM\left|\psi\right\rangle=M^{-1}(N^{-1}N(M\left|\psi\right\rangle)% )=M^{-1}(M\left|\psi\right\rangle)=M^{-1}M\left|\psi\right\rangle=\left|\psi\right\rangle
und
NMM1N1|ψ=N(MM1(N1|ψ))=N(N1|ψ)=NN1|ψ=|ψ.NMM^{-1}N^{-1}\left|\psi\right\rangle=N(MM^{-1}(N^{-1}\left|\psi\right\rangle)% )=N(N^{-1}\left|\psi\right\rangle)=NN^{-1}\left|\psi\right\rangle=\left|\psi% \right\rangle.

Tatsächlich lässt sich zeigen, dass jede Operation, die den Zustandsraum eines Qubits auf sich selbst abbildet notwendigerweise invertierbar ist. Das ist der Fall für Rotationen U(θ)U(\theta), wie wir schon gesehen haben, und wird auch für Spiegelungen V(θ)V(\theta) gelten, wie du gleich sehen wirst. Bei probabilistischen Bits hatten wir dagegen gesehen, dass beispielsweise der zufällige Flip F(1/2)F(1/2) jeden Zustand auf die Gleichverteilung (1/21/2)\bigl{(}\begin{smallmatrix}1/2\\ 1/2\end{smallmatrix}\bigr{)} abgebildet hat (siehe 1.6) und damit nicht invertierbar ist.