2.2 Ein Qubit messen

Wir wissen nun, dass jeder Zustand eines Qubits die Form |ψ(θ)\left|\psi(\theta)\right\rangle hat. Sagen wir, du bekommst den Zustand |ψ(θ)\left|\psi(\theta)\right\rangle in die Hände und würdest gerne herausfinden, welchen Wert θ\theta hat. Leider lässt dich die Quantenmechanik nicht an diesen Wert heran! Das scheint ein riesengroßes Problem zu sein – was bringt ein Quantencomputer, wenn man nicht an die Antwort kommt? Nun, nicht so schnell! Erinnere dich an Gl. 1.32, das Gleiche gilt auch für probabilistische Bits – wenn du ein probabilistisches Bit mit Verteilung (p0p1)\bigl{(}\begin{smallmatrix}p_{0}\\ p_{1}\end{smallmatrix}\bigr{)} misst, findest du den Wert von p0p_{0} oder p1p_{1} nicht heraus. Du bekommst nur ein einzelnes Bit an Information: 0 mit Wahrscheinlichkeit p0p_{0} und 11 mit Wahrscheinlichkeit p1p_{1}.

Die Quantenmessung ist da sehr ähnlich und wird durch die sogenannte Born Regel99 9 Benannt nach Max Born, einem deutschen Physiker beschrieben. Wenn du einen Qubit im Zustand (ψ0ψ1)=ψ0|0+ψ1|1\bigl{(}\begin{smallmatrix}\psi_{0}\\ \psi_{1}\end{smallmatrix}\bigr{)}=\psi_{0}\left|0\right\rangle+\psi_{1}\left|1\right\rangle misst, erhältst du auch nur ein einzelnes Bit an Information: 0 oder 11 mit Wahrscheinlichkeiten

p0=ψ02,p1=ψ12.p_{0}=\psi_{0}^{2},\qquad p_{1}=\psi_{1}^{2}. (2.6)

Das Quadrieren mag überraschend wirken, aber bedenke, dass p0+p1=ψ02+ψ12=1p_{0}+p_{1}=\psi_{0}^{2}+\psi_{1}^{2}=1 gilt. Also ist das quadrieren notwendig, damit (p0p1)\bigl{(}\begin{smallmatrix}p_{0}\\ p_{1}\end{smallmatrix}\bigr{)} eine gültige Wahrscheinlichkeitsverteilung ist, also ergibt die Regel Sinn! Nach dem Messen ist der Zustand verschwunden und du hast nur noch ein einzelnes Bit mit Information über das Ergebnis der Messung. Mit anderen Worten, das Messen wandelt ein Qubit in ein klassisches Bit um, dessen Wert zufällig durch Gl. 2.6 bestimmt wird:

(2.7)

Wie du in Gl. 1.32 und 2.7 siehst, sind die Regeln für das Messen von probabilistischen Bits und Qubits sehr ähnlich. In beiden Fällen geht der ursprüngliche Zustand durch das Messen verloren und man erhält nur ein einzelnes Bit, dessen Wert zufällig vom ursprünglichen Zustand abhängt. (Insbesondere erhält man immer das gleiche Ergebnis, wenn man einen Zustand mehrmals hintereinander misst – mehrfach messen liefert also keine neuen Informationen.) Der einzige Unterschied ist, dass man für Qubits die Amplituden quadrieren muss, um die Wahrscheinlichkeitsverteilung zu erhalten, wie in Gl. 2.6, während man die Wahrscheinlichkeiten von probabilistischen Bits direkt erhält. Das scheint zwar ein kleiner Unterschied zu sein, dieser hat jedoch bedeutende Auswirkungen auf die möglichen Zustände, diese können jetzt auch negativ sein, während probabilistische Bits immer Positiv sind (siehe Abb. 2.2).

Es gibt einen noch feineren Unterschied. Es kann nämlich niemand das Ergebnis einer Quantenmessung vorhersehen. Der Unterschied ist fein, denn das gleiche scheint auch für probabilistische Bits zu gelten. Worin liegt der Unterschied? Kurz gesagt, probabilistische Bits scheinen zufällig, weil wir nicht wissen, in welchem Zustand sie sind (bzw. welche Verteilung sie haben), während Qubits selbst dann zufällig sind, wenn wir alles über ihren Zustand wissen, was es zu wissen gibt. Stell dir zum Beispiel vor, du wirfst eine faire Münze und verdeckst sie sofort danach mit deiner Hand. Den Zustand würdest du normalerweise als Gleichverteilt beschreiben (siehe Gl. 1.29). Wenn du die Münze beim Flug aber mit einer Hochgeschwindigkeitskamera filmst, könntest du wahrscheinlich relativ gut vorhersagen, auf welcher Seite sie gelandet ist, basierend auf den Filmaufnahmen. Die Gesetze der Mechanik erlauben dir dabei, basierend auf der Rotation, Geschwindigkeit und Position der Münze vorherzusagen, wie sie landet. In diesem Sinne basiert der Zufall eines probabilistischen Bits auf unserem Unwissen. Bei Qubits dagegen ist der Zufall fundamentaler Bestandteil. Egal was wir im Vorhinein an Informationen über das Qubit gesammelt haben, es ist im Allgemeinen unmöglich das Ergebnis einer Quantenmessung perfekt vorherzusagen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Quantenmessungen eine gute Quelle für Zufall sind!

Hausaufgabe 2.1 (Ein zufälligen Bit auf Quantenbasis erzeugen).

Das Problem: Der Akku von Alice’ Eselsroboter ist schon wieder fast leer und muss den Weg zu einer Ladestation finden. Blöderweise hat Eve es geschafft, den Zufallszahlengenerator des Esels zu hacken. Aber da Eve damit auf einem Hackerforum angegeben hat, weiß auch Alice davon. Um deren bösen Plan aufzuhalten, hat Alice einen Mini-Quantencomputer mit einem Qubit im Roboter verbaut. Sie will die fundamentale Unvorhersehbarkeit einer Quantenmessung nutzen, um Zufallsbits zu generieren, die Eve nicht vorhersehen kann.

Fragen: Alice kann das Qubit in jeden Zustand |ψ(θ)\left|\psi(\theta)\right\rangle versetzen und will ein zufälliges Bit generieren, indem sie das Qubit misst.

  1. 1.

    Mit welcher Wahrscheinlichkeit erhält sie das Ergebnis 0 beim messen? Mit welcher Wahrscheinlichkeit das Ergebnis 11?

  2. 2.

    Alice will den Winkel θ\theta so einstellen, dass beide Wahrscheinlichkeiten 1/21/2 sind. Welchen Winkel θ\theta sollte sie wählen? (Es könnte mehrere Lösungen geben!)

Hack.

When we apply U(θ)U(\theta) to the state |0\left|0\right\rangle, we obtain the following state:

U(θ)|0=(cosθsinθ).U(\theta)\left|0\right\rangle=\begin{pmatrix}\cos\theta\\ \sin\theta\end{pmatrix}.

When we measure this state, then by Gl. 2.6 the probability of measuring 0 is cos2(θ)\cos^{2}(\theta) and similarly the probability of measuring 11 is sin2(θ)\sin^{2}(\theta). We want these to be equal, hence:

cos2(θ)=sin2(θ),implyingcos(θ)=±sin(θ).\cos^{2}(\theta)=\sin^{2}(\theta),\quad\text{implying}\quad\cos(\theta)=\pm% \sin(\theta).

We can rewrite the right-hand side as follows:

±sin(θ)=sin(±θ)=cos(π2±θ)\pm\sin(\theta)=\sin(\pm\theta)=\cos\left(-\frac{\pi}{2}\pm\theta\right)

Note that cosα=cosβ\cos\alpha=\cos\beta implies that either α=β+2kπ\alpha=\beta+2k\pi or α=β+2kπ\alpha=-\beta+2k\pi, for some integer kk. So, we find that all solutions can be written in the following form:

θ=π2±θ+2kπorθ=π2±θ+2kπ.\theta=-\frac{\pi}{2}\pm\theta+2k\pi\qquad\text{or}\qquad\theta=\frac{\pi}{2}% \pm\theta+2k\pi.

Choosing the sign to be “++” does not produce meaningful equations, hence we replace the “±\pm” with “-” and merge the two cases to obtain the following concise form:

2θ=π2+kπ.2\theta=\frac{\pi}{2}+k\pi.

This reduces to:

θ=(14+k2)π.\theta=\left(\frac{1}{4}+\frac{k}{2}\right)\pi.

Hence, there are 44 values of kk that yield a θ\theta in the interval [0,2π)[0,2\pi), precisely:

θ=π4orθ=3π4orθ=5π4orθ=7π4.\theta=\frac{\pi}{4}\qquad\text{or}\qquad\theta=\frac{3\pi}{4}\qquad\text{or}% \qquad\theta=\frac{5\pi}{4}\qquad\text{or}\qquad\theta=\frac{7\pi}{4}.