1.3 Ein probabilistisches Bit messen
Wenn du eine Münze wirfst, sie aber sofort mit deiner Hand abdeckst, kannst du nicht wissen, auf welcher Seite sie gelandet ist. In dieser Situation lässt sich der Zustand der Münze durch die Gleichverteilung (engl. uniform distribution) beschreiben:
Wenn du dann aber deine Hand hebst und die Münze “Kopf” zeigt, wird dein Wissen über den Zustand aktualisiert zu
da du ja jetzt sicher weißt, in welchem Zustand sich die Münze befindet. Wir bezeichnen den Prozess des Aufdeckens, bzw. die Hand in so einem Münzwurf zu heben, als messen (engl. measurement) 33 3 Diesen Begriff haben wir aus der Welt der Quanteninformatik übernommen, wo ein ähnlicher Prozess existiert..
Bemerke, dass der Zustand nach dem Messen ein anderer ist als davor, siehe Gl. 1.29 und 1.30. Tatsächlich ist nach dem Messen der Zustand nicht mehr unklar. Stell dir jetzt vor, du bedeckst die Münze wieder mit deiner Hand, nachdem du ihren Zustand gerade gemessen hast. In welchem Zustand ist sie jetzt? Offensichtlich noch immer
da wir ja bereits wissen, dass sie “Kopf” zeigt. Auch wenn du sie jetzt noch eimal misst (anschaust), wird sie wieder “Kopf” zeigen. Genauso verläuft das ganze, wenn du bei der ersten Messung einer zufälligen Münze “Zahl” als Ergebnis hattest: egal wie oft du die Messung wiederholst, das Ergebnis wird “Zahl” bleiben.
Im Allgemeinen resultiert das Messen eines zufälligen Bits mit der Verteilung mit Wahrscheinlichkeit im Ergebnis (“Kopf”) und mit Wahrscheinlichkeit das Ergebnis (“Zahl”):
Der Zustand des probabilistischen Bits ist nach dem Messen dann nicht mehr sondern einer der beiden Basiszustände oder , in Abhängigkeit des Messergebnisses. Wenn du beispielsweise das Ergebnis (“Zahl”) erhältst, ist der Zustand danach . Im Allgemeinen verändert messen den Zustand!
Es ist wichtig zu bemerken, dass sich durch das Messen eines probabilistischen Bits nicht die tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten oder extrahieren lassen – du bekommst nur einen einzelnen Bit oder als Ergebnis. Außerdem ist die ursprüngliche Verteilung nach dem Messen zerstört, man kann die Messung also nicht auf der ursprünglichen Verteilung wiederholen. Das ist tatsächlich sehr intuitiv: Wenn man eine Münze genau einmal wirft erhält man nur ein einzelnes zufälliges Ergebnis – man weiß aber nicht ob die Münze fair oder unfair ist.
Wenn wir aber die gleiche Münze sehr häufig werfen, erwarten wir, dass der Anteil der Würfe mit Ergebnis in etwa ist. Mit anderen Worten,
wobei die Anzahl aller Messungen und die Anzahl der Messungen mit Ergebnis ist. Je mehr Messungen wir durchführen, desto genauer sollte angenähert werden 44 4 Wie gut ist diese Annäherung? Man kann zeigen, dass der Fehler im Durchschnitt etwa Größenordnung hat, also schnell auf zugeht, wenn wir häufig messen..
Hausaufgabe 1.4 (Münzen werfen).
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1.
Nimm dir eine Münze und markiere die Seiten mit und . Wirf die Münze mal und dokumentiere die Ergebnisse in einer Tabelle der folgenden Form:
( Die grauen Ergebnisse sind nur Beispiele, ersetze sie mit deinen Ergebnissen.)
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2.
Schätze mit Gl. 1.33 die Wahrscheinlichkeit, mit der deine Münze auf der mit markierten Seite landet.
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3.
Es ist interessant zu sehen, wie sich diese Schätzung verändert, je höher die Zahl der Würfe steigt. Um das anschaulich zu machen, erweitere deine Tabelle aus Aufgabe 1 um drei weitere Zeilen, sodass sie wie folgt aussieht:
Die Zeilen haben dann folgende Bedeutung: (1) Anzahl der Würfe bisher, (2) Ergebnis des -ten Wurfs, (3) Summe der ersten Würfe, (4) Schätzung der Wahrscheinlichkeit für Ergebnis 1 basiert auf den ersten Messungen, (5) Dezimaldarstellung der Schätzung. Wenn du möchtest, kannst du Excel oder ein ähnliches Programm nutzen
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4.
Zeichne einen Graphen der letzte Zeile der Tabelle als eine Funktion der Anzahl der Würfe .
Hack.
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1.
Wir haben die folgende Sequenz an Ergebnissen bekommen:
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2.
Die geschätzte Wahrscheinlichkeit für das Ergebnis für unsere Münze ist .
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3.
Die Tabelle sieht in unserem Fall wie folgt aus:
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 1 0 1 0 0 0 1 1 1 0 0 1 1 1 0 0 1 0 1 1 0 1 1 0 0 0 0 0 0 1 1 1 2 2 2 2 3 4 5 5 5 6 7 8 8 8 9 9 10 11 11 12 13 13 13 13 13 13 13 14 1.00 0.50 0.67 0.50 0.40 0.33 0.43 0.50 0.56 0.50 0.45 0.50 0.54 0.57 0.53 0.50 0.53 0.50 0.53 0.55 0.52 0.55 0.57 0.54 0.52 0.50 0.48 0.46 0.45 0.47 -
4.
So sieht der Graph der Zwischenschätzungen aus: